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Zwangsräumung

Bild von Mdesigns auf Pixabay 

Was tun, wenn die Zwangsräumung der Mietwohnung droht?

Statt Schockstarre ist aktiv werden angesagt. 

Wie lange dauert es von der Räumungsklage bis zur Zwangsräumung?

Wie lange es von der Räumungsklage letztlich bis zur Zwangsräumung dauert, lässt sich nicht pauschal sagen. Ohne Verzögerungen kann mit einer Dauer von etwa drei Monaten gerechnet werden. Meist zieht sich das Prozedere über fünf bis sechs Monate.

Es gibt auch Fälle, bei denen zwei Jahre oder mehr zwischen Räumungsklage und Zwangsräumung vergehen, etwa dann, wenn der Mieter gesundheitliche Probleme hat und ein Gutachten in Auftrag gegeben wird. Vergleichsweise schnell geht es hingegen, wenn ein Versäumnisurteil vorliegt. Hier dauert die Räumungsklage oft nur wenige Monate.

Zwangsräumung einer Wohnung – was nun?

Bei einer Zwangsräumung kommen auf beiden Seiten Fragen auf. Der Mieter hat natürlich Interesse daran, wieder in Besitz seiner Sachen zu kommen. Der Vermieter wünscht eine geräumte Wohnung, möchte aber auch keine finanziellen Einbußen hinnehmen und hat daher ein eigenes Interesse daran, mögliche Wertgegenstände zu Geld zu machen.

Was passiert mit den Dingen des Mieters in der Wohnung?

Nach der Zwangsräumung werden die Möbel des Mieters eingelagert, beispielsweise bei einem Spediteur oder auf einer Lagerfläche. Müll wird aussortiert und entsorgt. Nun wird dem Mieter eine Frist von zwei Monaten gewährt, um seine Möbel wieder abzuholen. Unpfändbare Gegenstände kann er einfach abholen, pfändbare Gegenstände kann er hingegen herauskaufen.

Berliner Modell

Die Berliner Räumung bedeutet, dass der Vermieter von seinem Vermieterpfandrecht Gebrauch macht, Rechtsgrundlage bildet hier § 885a ZPO. Der Vermieter kann den Gerichtsvollzieher nur mit einem Teil der Vollstreckung beauftragen. Der Gerichtsvollzieher wird sich dann mit der Herausgabe der Mietsache befassen. Dann kann sich der Vermieter auf sein Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB stützen und sämtliche Gegenstände einlagern. Es wird also kein Umzugsunternehmen beauftragt, der Vermieter nimmt hier die Sache vielmehr selbst in die Hand.

Dann beginnt eine einmonatige Frist zu laufen, binnen derer sich der Mieter die unpfändbaren Gegenstände abholen kann. Die pfändbaren Gegenstände können dann durch den Vermieter veräußert werden. Insgesamt gestaltet sich das Berliner Modell günstiger.

Auch hier zahlt der Vermieter einen Kostenvorschuss, der bei maximal 500 Euro liegt. Die tatsächlichen Kosten fallen aber in der Regel niedriger aus.

Hamburger Modell

Diese Art der Räumung erfolgt in zwei Phasen. In der ersten Phase werden nur die Schlösser der Wohnung ausgetauscht. Der Mieter hat dann zwei Wochen Zeit seine Schulden zu begleichen. Die zweite Phase ist der Räumungstermin. Dabei machen Gerichtsvollzieher und ein Spediteur eine gemeinsame Wohnungsbegehung und erstellen ein Protokoll plus Fotos der pfändbaren Gegenstände. Anschließend bekommt der Spediteur die Schlüssel für die Wohnung und kümmert sich um die Einlagerung der Möbel. Hat der Mieter in der Zeit eine neue Wohnung gefunden, werden die unpfändbaren Gegenstände dorthin geliefert. Sobald die Wohnung leer ist, erhält der Vermieter die Schlüssel.

Auch bei dieser Räumung bedarf es des ausdrücklichen Antrages des Gläubigers oder zumindest seines  Einverständnisses. Teilweise wird auch verlangt, dass der Mieter dieser Art der Räumung nicht widersprochen hat.


Die vorteilhafte Kostensenkung bei diesem Räumungsmodell entsteht dadurch, dass der Gerichtsvollzieher das Umzugsunternehmen bestellt, einen guten Preis aushandelt und an einem Tag mehrere Objekte räumen lassen kann. Bei Schäden muss das Umzugsunternehmen haften.

Frankfurter Modell

Der Vermieter darf unter Beachtung strenger Auflagen des Gerichtsvollziehers die Räumung der Wohnung die Zwangsvollstreckung alleine vornehmen. Die Gegenstände werden in eigene, verschließbare Räume eingelagert, die dem Gerichtsvollzieher jedoch zugänglich sein müssen. Das Frankfurter Model ist im Vergleich zum Hamburger und Berliner Modell kostengünstiger, aufgrund der geringeren Gerichtsvollzieherkosten. Dabei muss der Vermieter selbst für die Kosten der Räumung (Räumungspersonal) aufkommen, diese selbst organisieren und dafür sorgen, dass die Sachen des Schuldners ordnungsgemäß inventarisiert und deren Zustand dokumentiert wird. Außerdem haftet der Vermieter in vollem Umfang für das Eigentum des Mieters sowie für entstandene Schäden oder bei Verlust.

Zwangsräumung - aber keine neue Bleibe

Es ist die denkbar schlechteste Ausgangslage für den Mieter: Die Wohnung soll zwangsgeräumt werden und es ist noch keine neue Bleibe in Sicht. Ist das Urteil erst einmal gesprochen und nicht mehr angreifbar, geht es dem Mieter vor allem um mehr Zeit, um sich nach einer neuen Wohnung umzusehen.

  • Durch den Richter kann eine angemessene Räumungsfrist eingeräumt werden. Hierfür muss der Mieter vor Schluss der letzten Verhandlung einen entsprechenden Antrag stellen. Dadurch lässt sich mehr Zeit gewinnen, in der Regel zwei bis drei Monate, die für die Wohnungssuche genutzt werden können.

  • Während der Räumungsfrist wurde immer noch keine Wohnung gefunden? Dann sollte eine Verlängerung der Räumungsfrist beantragt werden - spätestens zwei Wochen vor deren Ablauf. Aber auch hier gibt es Grenzen. Die Räumungsfrist kann maximal auf ein Jahr ausgedehnt werden, nachdem das Räumungsurteil Rechtskraft erlangt hat.

Wenn Kinder bei der Zwangsräumung betroffen sind

Wenn der Mieter mit seinen minderjährigen Kindern zusammenlebt, werden die Kinder als sogenannte Besitzdiener angesehen, nicht als Mitbesitzer an der Wohnung. Der Gerichtsvollzieher kann daher grundsätzlich den Räumungstitel auch gegen die minderjährigen Kinder vollstrecken.

Bei volljährigen Kindern sieht dies nicht anders aus. Auch sie werden als Besitzdiener angesehen, wenn sich bei Eintritt der Volljährigkeit die Besitzverhältnisse nicht ändern. Volljährige Kinder würden beispielsweise als Mitbesitzer der Wohnung angesehen werden, wenn sie mit in den Mietvertrag aufgenommen werden und ihnen innerhalb der Wohnung ein eigener, abgeschlossener Lebensbereich zusteht.

 

Eine Zwangsräumung trifft Familien mit Kindern in der Regel besonders hart. In Frage kommen könnte hier ein Räumungsschutz durch Aufhebung der Vollstreckung nach § 765a ZPO. Das Vollstreckungsgericht kann dann eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme teilweise oder ganz untersagen, einstweilen einstellen oder ganz aufheben. Dafür müsste die Maßnahme unter uneingeschränkter Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz speziellen Umständen eine Härte bedeuten, die sich mit den guten Sitten nicht vereinbaren lässt.

§ 765a ZPO kommt nur dann in Frage, wenn alle anderen Schutzvorschriften erschöpft sind oder keine Anwendung finden. Ob im Falle eine Zwangsräumung mit Kindern von einer sittenwidrigen Härte auszugehen ist, ist jedoch fraglich. Von einer sittenwidrigen Härte ist bei Gefahr für Leib und Leben und auch bei Suizidgefahr auszugehen.

Gerichtlich wurde bereits festgestellt, dass eine unbillige sittenwidrige Härte dann zu bejahen ist, wenn es sich um eine Familie mit mehreren schulpflichtigen Kindern handelt und die Zwangsräumung vor Schuljahresende drohte. Generell wird aber eine drohende Obdachlosigkeit einer Familie dem Gesetz nach noch nicht per se als unbillige sittenwidrige Härte angesehen.

Kosten einer Räumung 

Zwangsräumungen können mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein. Neben den Anwalts- und Gerichtskosten für die Räumungsklage, umfassen die anfallenden Posten beispielsweise auch Auslagen für ein Speditionsunternehmen, falls die Möbel des Mieters aus der Wohnung geschafft werden müssen. Letztendlich muss zwar die unterlegene Partei, also der Mieter, sowohl die Kosten des Rechtsstreits (vgl. § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO) als auch die Kosten der Zwangsvollstreckung (vgl. § 788 ZPO) tragen.

Diese Informationen ersetzen keine anwaltliche Hilfestellungen. Holen Sie sich Rat beim Anwalt. Wenn Sie mittellos sind, können Sie einen Beratungsschein beim Gericht für eine anwaltliche Beratung einholen.

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