Geschichte der Psychotraumatologie
Traumatisierungen sind integraler Teil der Menschheitsgeschichte. Sie begegnen uns immer wieder in der Vergangenheit und die rote Linie zieht sich bis in unsere Zeit.
Betrachten wir den 30 jährigen Krieg, die Entdeckung Amerikas, die Kolonialgeschichte, die Weltkriege des 20. Jahrhunderts oder ethnischen Vertreibungen in der heutigen Zeit, dann gingen diese Ereignisse Hand in Hand mit traumatisierenden Greueltaten.
Auch in der Kunst wie auch in der Literatur, wie zum Beispiel in den Märchen, werden traumatisches Erleben geschildert.
Kurzer geschichtlicher Abriss
Altertum
Kriegstraumen wurden bereits auf alten Tafeln mit Keilschriften aus Mesopotamien, die auf 3000 v. Chr. zurückreichen, beschrieben. Die Krieger galten als von Geistern verflucht. (1)
Industriezeitalter
In Europa setzte man sich zwischen 1880 und 1900 wissenschaftlich mit Unfalltraumen auseinander - vor allem bei Eisenbahnunfällen. Es wurde diskutiert, sich dabei um organische Erkrankungen, um psychische Störungen oder Simulationen handelte. (2)
Pierre Janet (1859 - 1947) hat in seinen Arbeiten zur Dissoziation (1904) darauf aufmerksam gemacht, dass traumatische Erfahrungen unangemessen verarbeitet, vom Bewusstsein abgespalten und in den trancehaften Dissoziationen präsent seien.
Erster Weltkrieg
Im ersten Weltkrieg erlangte die Psychoanalyse eine gewisse Anerkennung unter Armeepsychiatern durch ihre erfolgreichere Behandlung der Kriegstraumatisierten. Die sogenannten „Kriegszitterer" oder „Kriegsneurosen“ galten als moralische Invalide. Behandelt wurde Kriegszitterer auch oft mit einer heute umstrittenen Art von Elektrotherapie. (3, 5)
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Trotz des Zweiten Weltkrieges hatte sich die Situation der traumatisierten Personen wenig bzw. nicht verändert: „Der Psychiater William Niederland bezeichnete die Symptome der Menschen nach Verfolgung und KZ-Inhaftierung als Überlebenssyndrom, bei Prozessen und Gutachten konservativer deutscher Psychiater wurde den Überlebenden jedoch kaum Krankheitswertigkeit attestiert“ (5)
Vietnamkrieg
Der Vietnamkrieg (1964–1975) stellt eine Zäsur dar, weil zum ersten Mal das Phänomen als „combat stress“ wahrgenommen und systematisch erfasst wurde. Die Bezeichnung „Post Vietnam Syndrome“ wurde 1972 vom Psychiater Chaim Shatan geprägt. (4)
1980 wurde die „posttraumatische Belastungsstörung“ in der dritten Ausgabe des DSM schließlich zu einer formellen Diagnose. Zwölf Jahre später wurde sie auch in das ICD-System der Weltgesundheitsorganisation aufgenommen.
Literaturangaben:
1. Erin Blakmore: Geschichte der PTBS: Von der „Kriegsneurose“ zur Traumadiagnose vom 22. Juni 2020 auf www.nationalgeographic.de; Abgerufen am 5. November 2021
2. Sachsse, U. (2018). Traumazentrierte Psychotherapie: Theorie, Klinik und Praxis. Stuttgart, Schattauer.
3. Reinhard Platzek: Die psychiatrische Behandlung nach Kaufmann – in Wahrheit ärztliche Folter? Eine Überlegung zur modernen Wahrnehmung der Elektrosuggestivtherapie. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 169–193.
4. Erin Blakmore: Geschichte der PTBS: Von der „Kriegsneurose“ zur Traumadiagnose vom 22.
Juni 2020 auf www.nationalgeographic.de; Abgerufen am 5. November 2021
5.Sendera, A./Sendera, M. (2013): Trauma und Burnout in helfenden Berufen. Erkennen, Vorbeugen,
Behandeln – Methoden, Strategien und Skills. Springer-Verlag, Wien